Elf Lieder
für Ortrud Beginnen (1991)
Gedichte
Dreizehn Gedichte
Frühe Gedichte 1973
Nächtliche Beleuchtung 1971-73
Mit den Höschen 1974/75
Lieder u. Gedichte aus Die Engel von Hollywood 1991
Elf Lieder 1991
 

Ich liebe dich

Sag mir: “ Sag: ‚Ich liebe dich’ ”,
und ich sag: “Ich liebe dich”.
Sag mir: “ Sag: ‚Ich liebe dich’ ”,
damit ich dich lieben kann.

Sag mir: “ Sag: ‚Ich will dich’ ”,
und ich sag: “Ich will dich”.
Sag mir: “ Sag: ‚Ich will dich’ ”,
damit ich dich wollen kann.

Ich bin die Frau,
die alles tut auf Verlangen.
Ich bin die Frau,
die alles tut aus Verlangen.

 

Du fragst mich

Du fragst mich, was ich will,
du fragst, was ist mein Ziel.
Ich weiss nicht, ich weiss nicht,
ich weiss nicht, was ich will.
Oh frag das blaue Meer
und frag die gelbe Wüste,
die wissen vielleicht mehr –
oh wenn ich das auch wüsste!
Ich weiss nicht, ich weiss nicht,
ich weiss nicht, was ich will.

Schaukeln hin und her
im ewig gleichen Spiel,
die Wüste und das Meer,
das Leben ohne Ziel.
Ich weiss nicht, ich weiss nicht,
ich weiss nicht, was ich will.

 

Mein Nachtgewand

Was geschieht in der Nacht?
Was geschieht in der Nacht?
Ob man schläft oder wacht –
Was geschieht in der Nacht?

Ich steh vor meinem Spiegelschrank,
der Anblick macht mich richtig krank.

So hab ichs wahrlich nie gekannt,
mein rosarotes Nachtgewand.
Sonst so schmiegsam, weich und zart,
bekam es Falten, steif und hart.
Die Falten kamen über Nacht,
was hab ich in der Nacht gemacht?
Will ich schnell ins Bett jetzt gehen,
bleibts von selber aufrecht stehen.

Was geschieht in der Nacht?
Was geschieht in der Nacht?
Ob man schläft oder wacht –
Was geschieht in der Nacht?

 

Eine verführerische Frau

Ich schreie nicht sofort nach einem Bad,
mich stört kein Laken, das Flecken hat,
ich rieche gern auch deinen Schweiss,
ich stehe zu allem, was ich von dir weiss.
Ich bin keine Frau, die darunter leidet,
wenn ihr Geliebter sich unmöglich kleidet,
ich suche nicht nach deinen schwachen Stellen,
ich legs nicht darauf an, die Zeche zu prellen.
Mir wird vom Saufen im Magen nicht flau
Ich bin ohne Zweifel eine verführerische Frau.

 

Eine unbekannte Welt

Ein Oberton aus einer unbekannten Welt
Verhärtet sich im leeren Morgenlicht
Zu unsichtbarer Nadel, die verborgen sticht
Ins Frühstücksei, das aus dem Kühlschrank fällt.

Der schwache Geist der Milch wird sauer,
wenn das Eigelb auf den Küchenboden rinnt,
aus dem Kühlschrank bläst der kühle Antipodenwind
und macht die grauen Zellen noch grauer.

Was dort wie Schnee
nach einem Sturm den Garten deckt,
sind nicht die Blüten,
es ist mein eigenes Ich,
das langsam sich zur Erde senkt.

 

Das Ende der Zeit

Oh oh oh oh!
Ich kaufe zwei Steaks im Supermarkt,
während mein Lover draussen parkt.
Oh oh oh oh!
Ich kaufe mir nur Zweifel ein,
ob es noch schön ist, mit ihm zu sein,
Oh oh oh oh!

Erst mit Ende der Zeit, erst mit Ende der Zeit
sind das Herz und der Geist nicht mehr entzweit
erst mit Ende der Zeit.

Oh oh oh oh!
Ich brate die Steaks auf des Herzens Flammen,
während wir essen sind wir zusammen,
Oh oh oh oh!
Das Herz brät das Fleisch, aber der Geist sinnt,
ob wir auch ohne fleisch noch zusammen sind.
Oh oh oh oh!

Erst mit Ende der Zeit, erst mit Ende der Zeit
sind das Herz und der Geist nicht mehr entzweit
erst mit Ende der Zeit.

 

Blut

Mein Blut ist Tierblut, ist pelzig wie ein Bär.
Ein Bär an seiner Kette streift durch den Wald umher,
durch den dunklen und haarigen Wald streift er,
das Herz und die Adern sind angenehm leer,
drin ist kein Blut mehr, mein blut ist ein Bär.

Mein Blut ist auf der Flucht
vor dem Gefängnis seiner Sucht
vor der Sucht seines Gefängnisses,
wie drückend und wie eng isses!:
zu lieben.

Ein Bär an seiner Kette streift durch den Wald umher,
die Liebe ist die Kette, der Bär entrinnt nicht mehr.
Die Liebe hält gefangen, die Liebe ist nicht fair,
die Liebe füllt das Herz, zwingt Blut zur Wiederkehr.
Oh stürbe doch mein Blut, oh stürbe doch der Bär!

Mein Blut ist auf der Flucht
vor dem Gefängnis seiner Sucht
vor der Sucht seines Gefängnisses,
wie drückend und wie eng isses!:
zu lieben.

 

Das Einbahn-Wesen

Versuch, mein Geliebter, rückwärts zu gehen:
Kannst du vielleicht mit dem Hinterkopf sehen?
Oh je oh je oh je, du bist ein Einbahn-Wesen,
was war, ist hinter uns, als wäre es nicht gewesen.
Versuch, mein Geliebter, dich auf dein Vorderteil zu setzen-
du brichst dir die Knochen und reisst die Hose in Fetzen.
Oh je oh je oh je, du bist ein Einbahn-Wesen,
was war, ist hinter uns, als wäre es nicht gewesen.
Versuch, mein Geliebter, dich an die Liebe zu erinnern:
deine Vorderseite kann sich um Vergangenes nicht kümmern.
Oh je oh je oh je, du bist ein Einbahn-Wesen,
was war, ist hinter uns, als wäre es nicht gewesen.

 

Die schönsten Blumen

Oh mein kleiner, lieber, durchschnittlicher Mann,
sag mir nicht immer, dass ich in Höhen keine Blumen finden kann,
sag mir nicht immer, dass es in Höhen eisig windet,
sag mir nicht immer, dass man in Höhen keine Blumen findet.

Oh Mann, du weisst nicht, dass in Höhen die schönsten Blumen sind,
die schönsten Blumen sind nah dem Himmel und tanzen leicht im Wind,
die schönsten Blumen wurzeln in tiefen Felsenspalten,
die schönsten Blumen blühen in warmen Zeiten und in kalten.

Oh mein kleiner, lieber, durchschnittlicher Mann,
sag mir nicht immer, dass ich in Höhen keine Blumen finden kann,
sag mir nicht immer, dass es in Höhen eisig windet,
sag mir nicht immer, dass man in Höhen keine Blumen findet.

 

Olé, olé

Ich habe ausgeträumt den süssen Traum
unter dem schattigen Drachenbaum.
Ohne Geliebten und ohne Gatten
sitze ich wach in seinem Schatten.
Ich sing olé olé, es geht mir gut,
es lebe die Asche meiner Liebesglut,
aus der Asche entsteht ein neuer Phönix,
ich bin die Tochter des Gänsekönigs.
Im Schatten des Baumes lade ich ein,
zum Nachmittagstee bleibt niemand allein,
im Topf zischt das Wasser, mir geht es gut,
erneut steigt die Sintflut, schwappt über die Flut.

 

Das Meer, der Wind

Wird einmal Staub aus mir,
bleibt keine Neigung mehr,
nicht Liebe, nur Begier,
das Kräuseln der Muskeln wie das Meer.

Das Bein getrennt vom Blut,
Dinge, die ewig sind,
die neu zusammentut
ein Kuss, so flüchtig wie der Wind.

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