TRAISKIRCHEN Schauspiel in einem Akt |
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Ausgezeichnet mit dem Gerhard-Hauptmann-Preis für das Drama der Freien Volksbühne e.V. Berlin Personen: Herr Krautgartner
Traiskirchen ist ein Ort mit einem Flüchtlingslager südlich von Wien. In diesem Stück vermischen sich Gegenwart und Vergangenheit einer tschechischen Emigrantenfamilie mit der von Verwaltungsangestellten und Einheimischen. Vergangenheiten treffen aufeinender, die noch nicht zur Gegenwart gefunden haben. Das Stück, dessen Handlung in der Nacht des 24. Juni von der Dämmerung bis zum Morgen grauen spielt, ist eine Art von „Sommernachtstraum“, in dem der Tod seinen Auftritt hat und sich merkwürdige Dinge abspielen. Wir erleben eine Lagersituation, die vor und nach 1945 gespielt haben könnte – das ist letztlich das Bestürzende und das Unheimliche. Das Stück heisst "Traiskirchen". Traiskirchen ist eine Ortschaft fünfundzwanzig Kilometer südlich von Wien gelegen,bekannt vor allem durch das Flüchtlingslager, in welchen die Flüchtlinge (vorwiegend aus dem Osten) auf die Erledigung ihrer Ausreiseanträge und Visa für das Zielland (Kanada,Australien u. a. ) warten. Viele von ihnen bleiben dann schliesslich doch in Oesterreich "hängen". Es wäre sicher sehr menschlich und theatralisch dankbar, die reale Situation im Lager und die Schicksale der Flüchtlinge zu schildern, doch ich möchte eine andere Gesichte erzählen: die Geschichte des ermordeten Abraham, der nach hundert Jahren auf die Erde zurückkommt und seine Braut Miriam sucht. Ich möchte aber auch die Geschichte des Herrn Krautgartner erzählen, der diesen hundertjährigen Toten für "seinen" Toten aus dem Krieg hält. Es geht mir dabei um die Begegnung der Legende mit der Geschichte. So viel zum "geistigen Hintergrund" des Stücks. Im Vordergrund: eine vierköpfige Emigrantenfamilie (Vater, Mutter, Tochter und der Vater der Mutter), welche die Begegnung verursacht und austrägt. Inhalt: Zum ersten und zweiten Bild, die ich Ihnen schon ausgearbeitet mitschicke (da es keine Einzelszenen gibt, s. Bemerkung), nur so viel: durch Verhindern, Vergessen und Verdrängen (der Grossvater vergisst die Worte des Gebets, Frau Waldauf verbietet Professor Holzknecht das Erwähnen einer geschichtlichen Episode, der Film verbrennt im Projektor, Herr Krautgartner schiesst auf den Zeugen seiner Vergangenheit) bricht das Ausgeschlossene mit umso grösserer Heftigkeit aus dem Nicht-Sein aus und dringt ins reale Leben ein. Dieses Eindringen soll im dritten Bild gezeigt werden, bei Völkerfest, in einer Vollmondnacht: der tote Abraham mischt sich unter die Festenden. In Jarmilka glaubt er seine Braut Miriam zu erkennen, und Jarmilka fängt an, sich als Miriam zu fühlen. Oder ist der Geist von Miriam durch Abrahams Liebesbeschwörung in Jarmilka gefahren? Ich weiss es nicht. Dem Filmvorführer Anton Hubitschka wird Jarmilka immer fremder. Die Folgen: der Grossvater findet in der gelebten Legende seinen alten Glauben wieder, Herr Krautgartner dagegen sieht sich von Feinden und Rachegeistern umgeben. Abraham ist ein Anhänger des Ketzers Sabatai Zwi, für welchen die Welt und das Leben eine Illusion ist, die nur durch den Tod zerstört werden kann. Abraham verherrlicht den Tod, um Jarmilka für das Jenseits zu gewinnen, aber es ist Frau Waldauf, die dadurch die Angst vor dem Tod verliert. Im vierten Bild, schon im Morgengrauen, spielt sich der "Heilprozess" ab: Herr Krautgartner erschiesst aus Versehen (?) Poltawetz, zugleich kehrt Abraham zu den Toten zurück, um dort seine ewige Ruhe zu finden. Dies wurde ihm auf folgende Weise ermöglicht: unter Anleitung des Geschichtsprofessors Holzknecht spielen Jarmilka, Anton und der Grossvater jene Episode aus Abrahams Leben nach, welche Frau Waldauf dem Professor zu erwähnen verboten hat. Beim Nachspielen verändern sie aber die Geschichte, so dass Abraham statt durch einen Axthieb friedlich in seinem Bett sterben kann und nicht als Ermordeter zur ewigen Unrast verurteilt wird. Mit den ersten Sonnenstrahlen löst er sich auf, und Frau Kraus kommt mit dem Besen, die abgeschnittenen Ohren zu kehren. Das fünfte Bild spielt am Nachmittag, gleich wie das erste Bild - der Kreis schliesst sich, doch statt um die Ankunft geht es jetzt um den Abschied: um den Abschied vom Erschossenem und um den Abschied von der Emigrantenfamilie, die nicht weiss, wohin. Eine Bemerkung zum Stil: Bei "Traiskirchen" handelt es sich um ein Auflösungsstück. Das Gespenst löst sich auf, die Identitäten der Personen lösen sich auf, die Regeln und die Grenzen lösen sich auf. Die inhaltliche Auflösung muss von der Form mitgetragen werden. Aus diesem Grund verzichte ich auf feste Konturen, alles verwischt sich und geht ineinander über. In der bildenden Kunst findet sich eine Entsprechung in Aquarell oder in lavierter Tusche. Deshalb keine "Szenen".
Im Hintergrund drei Häuser: das Verwaltungsgebäude, das Männerhaus und das Frauenhaus. Im Vordergrund die “Gemütliche Ecke". Der Großvater und Jarmilka spazieren am Zaun entlang. Großvater Schön bist du, Jarmilka, brauchst nicht zu studieren. Heiraten solltest du, einen Millionär. Eva Klinger hat einen Bierbrauereibesitzer geheiratet. Die hat es gut gemacht. |
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