Das Glockenspiel im schwarzen Palast Schauspiel in 34 Szenen |
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Personen: Madame, etwa siebzig Jahre altObolon, ihr Enkel Krautwachs, sein Freund Stinkaas, etwa fünfzig Jahre alt, Hausangestellte bei der Madame Russ, ihr Sohn Beule, ihre Gehilfin Fräulein Seelinger, etwa vierzig Jahre alt, Gemeindevorsteherin Morchel, Gärtner bei der Madame Fleck, Bezirksfunktionär
Wieder geht es um Machtkampf und Machtmissbrauch. Diesmal sind es drei rivalisierende Frauen: 1. die 70-jährige an Krücken gehende, reiche Madame, 2. ihre Angestellte Stinkaas und 3. die Politikerin, die Gemeindevorsteherin Seelinger. Alle drei haben ihnen anvertraute, junge Männer: Madame den ihr behilflichen Enkel, Obolon, den sie wegen seines Schwulseins als degeneriert bezeichnet und verachtet. Frau Stinkaas hat ihren Sohn Russ, den sie wegen seiner Behinderung, epilepsieähnlicher Sex-Anfälle, hasst, wofür sie aber von der Gemeinde finanzielle Unterstützung bekommen kann, weshalb sie vermeiden will, dass er in eine Anstalt gebracht wird. Ausserdem wohnt bei ihr noch Beule, die sie nur da duldet, um ihres Sohnes Anfälle aufzufangen. Frau Seelinger macht sich Krautwachs, den Postangestellten gefügig, dadurch dass sie ihn für heimlich von ihr der Post gestohlenes Geld haftbar macht. Morchel hat zwar ein Gewissen, tut jedoch aus Angst alles. Die einzige Autorität, der Bezirksfunktionär Flick, ist zu weit weg und stellt sich dann auch als sehr bestechlich heraus. Beule muss, als es der Stinkaas Vorteile bringt, auch da herhalten. Der Russ liebt sie, doch den mag sie nicht (“Trottel haben diese Gefühle nicht, nur Triebe, das weiss man”). Sie liebt den in seinem Selbstvertrauen angeschlagenen Obolon, den die zweimal vor dem Selbstmord bewahrt. Aber ihre Liebe geht nicht soweit, dass sie dessen Schwulsein anerkennt, sie will ihn heilen. Obolon liebt Krautwachs, der zu ihm kommt, nur um an Geld zu gelangen. Am Ende nach fünf Morden, drei aus Berechnung (bei einem davon trifft es den Falschen) und zwei im Affekt, ist es Obolon, der einen Anfall von Russ lindert. So klingt die Musik in einem schwarzen Palast. Die Handlung wird in 34 comic- oder filmartigen kurzen Szenen vorangetrieben.
Das Glockenspiel im schwarzen Palast 1. Szene HalbdunkelMorchel weicht vor Seelinger ängstlich zurück. In einer Ecke angelangt, wird er von ihr gefangen und vorsichtig, aber mit Gewalt zum Tisch geführt. Morchel hat l ä h m e n d e Angst. Seelinger übt einen festen und langsamen Druck auf seine Schultern aus und zwingt ihn damit, sich zu setzen, als ob ihn jemand würgen würde, schreit Morchel leise: “Ne, Ne!” Seine Hände sind in Fäuste geballt. Seelinger öffnet ihm gewaltsam die rechte Hand und zwingt ihm einen Füllfederhalter hinein. Morchels Hand verkrampft sich. Seelinger nimmt sie, legt ein Blatt Papier auf den Tisch und legt die Hand aufs Blatt. Morchel wehrt sich: “Ne, Ne!” Seelinger führt seine Hand, beide schreiben. Morchel wird ohnmächtig. Mit grösstem Kraftaufwand hebt Seelinger seinen Körper und sagt mit leiser Stimme, als ob sie gehört werden könnte: “Die Unterschrift noch”. Morchel kommt nicht zu sich. Seelinger hält seinen ohnmächtigen Körper zwischen den Knieen, mit ihren beiden Händen nimmt sie seine rechte Hand mit dem Füllfederhalter und setzt unter das bereits Geschriebene noch die Unterschrift. Sie lässt den Morchel fallen, schaut dem Fall zu. Dunkel 2. Szene Dunkel Russ stürzt sich auf Beule. Stinkaas Brav, brav, es geht vorbei, es geht vorbei... (streichelt Russ) 3. Szene Durch ein Fenster fällt Licht in die Mitte des Raums. In der Mitte des Raums steht Madame. Madame ist schwarz gekleidet, unbeweglichen Gesichts und stützt sich auf Krücken. Obolon Gehen Sie nicht, gehen Sie nicht! |
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